Das Schloss Rothmühle liegt im Schwechater Vierstromland zwischen dem Flüsschen Schwechat selbst und dreier ihrer Zubringer. Damit teilen die Schwechater Nestroy-Spiele das Schicksal vieler Freiluftveranstaltungen in der Nähe von größeren oder kleineren Gewässern. Es ist wahrlich eine Herausforderung für Besucher solcher Veranstaltungen (und wohl Ensemble auch) dem Verlauf des Spieles zu folgen, wenn bei Dämmerung ein Festival der tierischen Art über alles hereinbricht, was verschwitzt und warmblütig sich im Wohnzimmer von Culex pipiens aufhält. Eigentlich hätte das Stück „Lady und Schneider und Gemeine Stechmücke“ heißen sollen, aber – und bitte lassen Sie mich ausreden – auch der Titel „Der Mann an der Spitze“ trifft den Abend ziemlich genau. Selbiger nämlich genannt mit Christian Graf beeindruckte ordentlich in der Inszenierung von Peter Gruber in der Hauptrolle des Schneiders Hyginus Heugeign als politische Höhenluft Schnuppernder. Besonders hervorstechend der glaubwürdig motivierte Auftrittsmonolog, der in die heutige Zeit geholt mit pointierten und versteckten Anspielungen auf innen- wie außenpolitische Zustände wohl als Höhepunkt des Abends zu betrachten ist; als Ort der Handlung kann die Provinzstadt St. Rache angenommen werden – unterbrechen Sie mich nicht – die sich anschickt zur Metropole aufzusteigen. Der absehbare Fall am Ende des Stücks hinterlässt dennoch ein Gefühl der Machtlosigkeit.
Bruno Reichert als Gevatter Schneidermeister Restl stark an Fritz Muliar erinnernd überzeugte ebenso wie Susanne Adametz als etwas andere Lady (Gaga) Brideweil. Wenn gleich die Handlung nicht restlos nachvollziehbar war – die Ursachen dafür dürfen nicht ausschließlich auf die natürliche Ablenkung geschoben werden – Umsetzung, Bühnenbild und Kostüm waren es großteils. Der Spielraum auf drei Ebenen erlaubte dazu immer wieder raffinierte athmosphärische Szenenbilder gleich zu Beginn bis hin zum Ende des Stücks, welche das Ensemble und das Stück selbst positiv unterstützten.