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2001 – Prinzessin Turandot

Tragikomisches Märchen in fünf Akten
von Wolfgang Hildesheimer

Die Personen und ihre Darsteller:

Eine Frau
Esther Murg (Petz)
Ein Mann Ernst Amberger
Prinzessin Turandot Klaudia Gollner
Liang, Sklavin Gudrun Amberger
Pnina (Adelma), Sklavin Ulrike Zazworka (Marcak)
Der Kaiser von China Thomas Murg
Falscher Prinz von Astrachan Jörg Zazworka
Der Kanzler Hü Peter Gollner
Echter Prinz von Astrachan Ernst Amberger
Der Oberpriester Ernst Amberger
Der Deuter Martin Brauhart
Der Hüter Esther Murg (Petz)
Ausstattung Ernst Amberger
Gabriele Amstler
Bühne und Gesamtleitung Alice Bolterauer
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Zum Author

Wolfgang Hildesheimer geb. 9. Dezember 1916 Hamburg, gest. 21. August 1991 Poschiavo (Schweiz)
1955 erhielt er den Hörspielpreis der Kriegsblinden, 1965 den Bremer Literaturpreis, 1966 den Georg-Büchner-Preis, 1982 den Literaturpreis der Bayrischen Akademie der Schönen Künste und 1991 den Weilheimer Literaturpreis. Wolfgang Hildesheimer hat zwischen 1952 („Lieblose Legenden“, Geschichten) und 1987 („Nachlese“) Dramen, Einakter, Prosa, darunter den berühmten Roman „Tynset“, viele Hörspiele (Neben „Prinzessin Turandot“ auch „Begegnung im Balkanexpress“, „Das Opfer Helena“ u.a.) und Collagen veröffentlicht. 1977 erschien sein berühmtes „Mozart“-Buch, das keine Biographie im herkömmlichen Sinn ist, sondern das Buch eines Schriftstellers und Künstlers, der versucht, den Prozessen des Schöpferischen auf den Grund zu kommen. 1980 erhielt er den Premio Verinna Lorenzon der Provincia di Cosenza, im gleichen Jahr eröffnete er die Salzburger Festspiele.
Text und alle Rechte am Text von Alice Bloterauer

Zum Werk

Prinzessin Turandot
Die Kunst dient der Erfindung der Wahrheit – Wolfgang Hildesheimer
Tragikomisches Märchen in fünf Akten Uraufführung des Originals von Carlo Gozzi am 22. Januar 1762 im Teatro San Samuele, Venedig
„Aber ich will mich hier auf die Anwendbarkeit der „Wahrheitsfindung“ beschränken, soweit sie das Hörspiel betrifft. Es geht aus dem soeben Gesagten hervor, dass ein Hörspiel, um wahr zu sein, nicht etwa ein Ereignis der Geschichte überlieferungstreu wiedergeben soll: das wäre dramatisierte Geschichtsschreibung, also nicht die Wahrheit. Ebensowenig soll es ein aktuelles Tagesereignis darstellen, denn das wäre Journalismus, die subalternste Form der Literatur, soweit man sie zur Literatur rechnen kann; mit der Wahrheit hat sie weniger als nichts zu tun. Denn die Wahrheit kann eben nur erfunden – das heißt: auf übertragene Art dargestellt werden. In dem Gelingen dieser Übertragung offenbart sich der dichter. Handlung und Hintergrund müssen in einem bestimmten, von vornherein festgelegten und niemals veränderten Verhältnis zur Realität stehen.“
Aus: Wolfgang Hildesheimer „Die Kunst dient der Erfindung der Wahrheit“, Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden (für „Prinzessin Turandot“) 1955.

Gern bedient sich die Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg des Chinesisch-Exotischen als einer Folie, um eine Diagnose der eigenen Zeit zu stellen. 1948 erscheint Bert Brechts „Kaukasischer Kreidekreis“, 1946 publiziert Max Frisch seine Farce „Die chinesische Mauer“. Dort betont der Heutige, Spielfigur und Kommentator des Stücks, die Parallele zwischen der damaligen und der heutigen Gefahr der Tyrannei.
Der Heutige: So viel über die Lage in Nanking … Sie werden fragen, meine Damen und Herren, was mit alledem gemeint sei. Wo liegt (heute) dieses Nanking? Und wer ist (heute) Hwang Ti, der Himmelssohn, der immer im Recht ist? Und dieser arme Stumme, der nicht einmal Heil sagen kann, und Wu Tsiang, der General mit den blutigen Stiefeln, und wie sie alle heißen: Wer ist gemeint? Hoffentlich werden sie nicht ungehalten, meine Damen und Herren, wenn sie darauf keine Antwort bekommen. gemeint (Ehrenwort!) ist nur die Wahrheit, die es nun einmal liebt, zweischneidig zu sein.
Erster Gong
das Spiel beginnt! … ort der Handlung: diese Bühne. Zeit der Handlung: heute abend.“

Dass eine Kultur in dem, was sie vergleicht, über sich hinausgehen kann, ohne sich selbst zu verlassen, muss als bemerkenswert festgehlaten werden. Sie greift in andere Zeiten, andere Länder, andere „Welten“ über, aber lokalisiert ihren Vergleichsgesichtspunkt, ihr „Drittes“, gleichwohl in sich selbst. Mithin ist Kultur nicht nur durch Reflexion ausgezeichnet, sondern, dies bedingend, immer auch durch Selbstreflexion. Insofern kann sie, zunächst jedenfalls, europäisch bleiben. Um 1800 hatte dies einen deutlich erkennbaren, damals aber naiven historischen Eurozentrismus zur Folge. (…) Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird man so nicht mehr denken und formulieren können. unter heutigen weltgesellschaftlichen Bedingungen führt dieser postkoloniale Kulturimperialismus zu Widerspruch und zu Ablehnung, aber, bisher jedenfalls, ohne gesellschaftsadäquaten Ersatz.
Aus: Niklas Luhmann „Kultur als historischer Begriff“, in: ders.: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Band 4, frankfurt/M. 1999.

Text und Textzusammenstellung und alle Rechte am Text Alice Bloterauer (exklusive Zitate), Zusätzliche Quellen: Wikipedia